Reisebericht aus Lissabon

1. April 2015; ich komme morgens in die Firma; sehe, daß es draußen zu schneien begonnen hat; und sage zu einem Kollegen, der mit dem Rücken zum Fenster sitzt: "Es schneit. Und das ist kein Aprilscherz. Wär ich bloß in Portugal geblieben!"

Tja, die pannonische Tiefebene hier ist echt eine schweinekalte Gegend. Und es wird auch nicht besser ... ich mein, da verspricht man uns seit Jahrzehnten eine Klimakatastrophe, und dann das... Man kann sich wirklich auf keinen mehr verlassen.

Die "Gefahr", daß ich "in Portugal bleibe" war übrigens durchaus real. Das hängt mit dem Anstoß zusammen, warum ich da überhaupt runtergeflogen bin. Daß ich urlaubsreif war, etwas für meine seelische Hygiene tun mußte, und die Sehnsucht nach mehr Sonne kaum noch beherrschbar war, war eines. Aber Portugal war bisher ganz außerhalb meines Radars der Wunschziele. Ich hätt ja auch nach Rom fahren können, oder meinen Gaumen von sizilianischer Eiscreme verwöhnen lassen.

Der Anstoß war, daß mein verrücktester Freund, der Gletti, in Lissabon einen Traumjob aufgerissen hat. Seither stellt er gern mitten im Winter Bilder von sich ins Facebook, auf denen er breit grinsend zwischen Palmen steht ... der Sadist! Aber ich gönns ihm voll, der soll auch mal Glück haben in seinem Leben. Jedenfalls war ich in Versuchung, mich dort zu bewerben.

Nun, aber ich kam so auf den Geschmack und flog Anfang März für eine Woche nach Lissabon, mal so zum Schnuppern.

Eigentlich sollt es eine Art Kulturreise werden. Aber Gletti hatte sich ausgerechnet für mich ein paar Tage frei genommen. So war ich verpflichtet, mich von ihm durch die Lokale von Lissabon schleppen zu lassen. Immerhin hab ich dabei ein wenig Portugiesisch gelernt: "Um shot, por favor" (Ein Stamperl, bitte) - und "cerveja" (Bier).

Einige gesammelte Eindrücke von Lissabon:

- Die Einwohner sind nett und hilfsbereit, eine sympathische Stadt.

- Man kann sich gut mit Englisch durchschlagen. Das soll ja nicht in jedem Land so sein...

- Wenn keine Autos kommen, gehn die Leut bei Rot über die Straße. Anfangs dachte ich, das ist südländische Wurschtigkeit. Aber dann sah ich mal zwei Polizisten bei Rot gehen. Vermutlich ist die lokale Rechtssprechung anders, vermutlich ist es sogar besser.

- Man kann im März Touristen und Einheimische recht zuverlässig auseinanderhalten. Die Touristen gehen generell hemdsärmelig und die Einheimische in dicke Jacken gepackt.

- Das Essen ist gut. Nicht so gut wie in Tirol, aber bei weitem besser als in Ostösterreich.

- Es gibt auch einige Schuhputzer, die ihre Dienste anbieten. Einer wirft einen enttäuschten Blick auf meine ausgelatschten Turnschuhe, die ich auch nicht mit noch so viel Schuhdeodorant mehr zum Duften bringe.

Ach ja - die südliche Sonne, sie heizte die Luft so schnell auf, daß wir am Nachmittag im Park picknicken konnten - ich, Gletti und Natalia. Sie eine Freundin und Kollegen von Gletti, die auch mit ihm in der gleichen Wohngemeinschaft wohnt. Danach noch ins Kino. Der Film hat mich zwar nicht beeindruckt - Action mit Gangstern und Robotern in Johannesburg. Die Roboter waren nett, aber die Story war fad. Trotzdem wars ein schöner Tag. Die englischen Filme werden dort übrigens nicht synchronisiert, hab ich mir sagen lassen, fast nur mit Untertiteln.

Um auf die Kultur zurückzukommen - so eine Art Kulturschock haben Gletti und ich doch noch abbekommen. Und zwar sind wir da gelandet: labirintolisboa.com

Ist so eine Art Geisterbahn für Erwachsene, und gut aufgezogen. Wir wurden quasi durch die dunklen Seiten der portugiesischen Geschichte geleitet, beginnend mit dem Großinquisitor ... aber ich will nicht zu viel verraten. Schaut selber hin, wenn ihr mal in der Gegend seid. Die Damen bitte das Windelhöschen nicht vergessen.

Eine 'wall of shame' haben sie auch dort. Hier müssen sich alle verewigen, die es nicht ausgehalten haben.

Besonders angetan hatte es uns eine blutverschmierte Kannibalenlady, die im Eingangsbereich ihr Unwesen treibt. Sie nennt sich 'Envy' (Neid), und sagt, sie wär das schlimmste Ding der Welt. Gletti hat sie angebraten, ich hab ihr gleich einen Heiratsantrag gemacht. Allerdings bin ich persönlich der Meinung, daß 'Envy' nicht das schlimmste Ding der Welt ist; ich kenne definitiv eines, das noch schlimmer ist - und zwar 'Stupidity'.

... und dann landet das Flugzeug in Wien Schwechat. Die Ansage: "Es hat 6 Grad"...